Die Heilige Schrift (Tur-Sinai)
Die Tur-Sinai Bibelübersetzung verfolgt den sogenannten strukturtreuen Ansatz mit starker Tendenz zur Wörtlichkeit und dem Bemühen, "Klang und Rhythmus, Stil und seelische Haltung" der unterschiedlichen Abschnitte zum Ausdruck zu bringen. Die Bücher sind gemäß der Reihenfolge der hebräischen Heiligen Schrift angeordnet. Als Kenner des Talmuds ließ sich Tur-Sinai bei der Übersetzung bewusst von traditionellen jüdischen Auslegungen leiten. Daraus ergeben sich für an christliche Übersetzungen gewohnte Leser teilweise überraschende Lesarten, die erst einmal sehr gewöhnungsbedürftig, wenn nicht sogar schwierig zu verarbeiten sind. Doch auf Dauer sind die vielen authentischen hebräischen Ausdrücke hilfreich für das Verstehen des kulturellen Hintergrundes des Textes. Tur-Sinai kommentiert diese Lesarten und begründet z.T. auch andere Übersetzungsentscheidungen im Anhang. Insgesamt bietet diese Übersetzung mit jüdischem Hintergrund, die um große Texttreue bemüht ist, aber auch mit zahlreichen Eigenwilligkeiten in der Textdeutung, nicht direkt viel Neues oder Zusätzliches an Einsichten gegenüber guten "christlichen" Übersetzungen wie der Elberfelder oder der Schlachter Bibel, denn wer das Alte Testament verstehen und einen tiefen Einblick gewinnen will, wäre mit diesen bestens bedient. Wer aber einen Einblick in jüdische Schrifttraditionen gewinnen oder einen Eindruck für die hebräische sprachliche Gestaltung gewinnen will, der greife ruhig zur Übersetzung von Tur-Sinai. Ratsam wäre es, diese Bibelausgabe zusammen mit einer zweiten, etwas gebräuchlicheren und gewohnten Bibelübersetzung zusammen lesen, so hat man gute Ergänzungen und Verständnishilfen!
10. Auflage 2022 Dr. phil. Naftali Herz Tur-Sinai (* 13. Nov. 1886 als Harry Torczyner in Lemberg, heute Ukraine / † 17. Okt. 1973 in Jerusalem) war ein bedeutender israelischer Philologe und Bibelausleger. Mit sechs Jahren kam er nach Wien, ging dort zur Schule und studierte von 1905 bis 1909 Philologie und schloss sein Studium mit der Promotion ab. Gleichzeitig besuchte Tur-Sinai die Israelisch-Theologische Lehranstalt des Rabbinats in Wien. Nach einem kurzen Studienaufenthalt in Berlin wurde Tur-Sinai Lehrer am neu gegründeten hebräischen Gymnasium in Jerusalem (1910 bis 1912), Privatdozent für semitische Sprachen an der Wiener Universität (1912 bis 1919) und Dozent an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin (1919 bis 1933). In dieser Zeit entstand die erste Auflage seiner Übersetzung der Hebräischen Bibel. Ab 1933 wirkte Tur-Sinai an der Hebräischen Universität Jerusalem. Als Professor für Hebräisch galt er nach Gründung des Staates Israel 1948 als einer der besten Kenner der hebräischen Sprache in Israel.