Artikel-Nr | 204224000 |
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ISBN | 978-3-03848-224-6 |
Verlag | Fontis |
Seiten | 560 |
Erschienen | 01.10.2021 |
Artikelart | Hardcover, 16 x 23 cm |
Dostojewski! Zum 200. Geburtstag erscheint das große Buch zum großen Schriftsteller. Als Würdigung. Und als Wachmacher. Denn Dostojewski rüttelt auf, durch seine Werke genauso wie durch den faszinierenden Werdegang: vom Sohn eines Armenarztes, Literatur-Wunderkind, Revolutionär und Zwangsarbeiter in Sibirien zum Medienunternehmer, Blogger (tatsächlich!) und schließlich gefeierten Nationaldichter. Ganz zu schweigen von seiner Zockerei, seinen Liebesverrücktheiten und vielen Krankheiten.
Ist Dostojewski von gestern? Von wegen! Seine Tiefe und Schärfe lässt viele heutige Autoren flach und brav aussehen. Hochaktuell sind seine Warnungen vor einem Hyper-Individualismus und den Folgen der Abkehr von Gott. Höchste Zeit, ihn ganz frisch zu entdecken: als Erzähler, Seelenforscher, Weisheitslehrer.
Auf der Grundlage der neuesten Dostojewski-Forschung werden seine Lebensstationen vorgestellt. Dabei kommt er auch ausführlich selbst zu Wort: in einem Best of seiner Bücher, Zeitschriften, Briefe und Notizen. Dieser einzigartige Mix aus Biografie und Anthologie steht unter dem Motto, das Dostojewski sich als 17-Jähriger gegeben hatte: "Der Mensch ist ein Geheimnis. Man muss es enträtseln."
Autor: | Markus Spieker, David Bühne |
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2 von 2 Bewertungen
3.75 von 5 Sternen
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04.02.22 15:49 | Bernd Kolbe
Ist Dostojewski tatsächlich ein christliches Vorbild?
Kein Schriftsteller hat mich in meinen jungen Jahren mehr fasziniert und geprägt als Dostojewski. Umso wohltuender empfand ich die Tatsache, dass dieses Genie ein wahrer Christ war. So dachte ich lange Zeit und so wird es gerne in christlichen Kreisen verbreitet. Deshalb ärgerte ich mich, dass ihn Benedikt Peters als bloß "christlich inspririert" bezeichnete.1 Und ein sehr kluger Bruder kritisierte die russischen Autoren des neunzehnten Jahrhunderts, dass sie die Erlösung im Leiden gesucht hätten. Aber mir sind diese Aussagen hängen geblieben und ich musste sie durch eine unvereingenommene Lektüre bestätigt sehen. Und hier hebt meine Kritik an der Veröffentlichung von Markus Spieker und Daniel Bühne an.
An sich ist ihr Buch hervorragend recherchiert und wirklich fesselnd geschrieben. Auch stellen sie Dostojewski nicht als makellosen Helden dar, sondern legen seine vielen Fehler und Schwächen schonungslos offen.2 Aber mit dieser Biographie wollen sie den Lesern einen explizit christlichen Schriftsteller und seine christliche Botschaft näherbringen. Aber was ist, wenn dieser Schriftsteller gar kein Christ war? Oder wenn sein Christsein sehr unter einem verdorbenen Leben verborgen blieb? Kann man sich davon wirklich Erleuchtung erhoffen, wie sich die Verfasser zum Schluss ausdrücken?
Gerne gebe ich zu, dass Dostojewski die Bibel liebte und sich ehrlich zum auferstandenen Jesus bekannte. Aber doch wirkt sein Glaube auf mich nebulös und bleibt besonders beim Thema Errettung dünn. Auf welche Weise ein Mensch tatsächlich errettet wird, lässt sich aus Dostojewskis Aussagen kaum entnehmen. Den Sünden der Menschen begegnet er weitgehend mit mitleidigem Verständnis. Der stellvertretende Tod Jesu spielt höchstens eine sehr untergeordnete Rolle. Von der Scheidung der Menschen in der Ewigkeit vernimmt man nichts.
Natürlich kann man aus einigen Zitate schließen, dass man es mit einem wahren Christen zu tun hat, der einem viel zu sagen hat. Es gibt jedoch Aspekte, die in eine andere Richtung weisen oder die einem wenigstens Vorsicht gebieten:
Zuerst einmal denke ich an das Leben, das Dostojewski führte. Ein Großteil seiner Anfechtungen und Nöte entstanden schlicht aus seinem sündigen Verhalten. Das betrifft zum einen seine Spielsucht und zum anderen seine sexuelle Untreue während seiner ersten Ehe. Unangenehm beschönigend schreiben die Verfasser dazu: "Hat es bei seiner ersten Frau noch mit der Monogamie gehapert, ist Dostojewski Anna in den vierzehn Jahren ihrer Ehe treu."3 Nun wissen wir, dass auch Christen allerlei Sünden begehen können, aber doch mindern diese Sünden eklatant ihren Vorbildcharakter. Das gilt auch für Dostojewski. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum Gott und die Bibel vergleichsweise wenig im Kapitel 15 vorkommen, in dem Dostojewski als "Lebenslehrer" vorgestellt wird.
Zudem darf man nicht vergessen, dass Dostojewski fest in der russisch-orthodoxen Kirche verhaftet blieb. Sowohl in der Praxis als auch in der Theologie. Es verwundert nicht, dass Dostojewski kritisch auf die pietistisch geprägte Bewegung der Stundisten blickte und die Entwicklung wie folgt bemängelte: "Die neuen Christen begannen damit, dass sie den Austritt aus der orthodoxen Kirche zur Grundbedingung machten, sich von den Gebräuchen und Ikonen lossagten und anfingen, sich nach lutherischer Art zu versammeln, um Psalmen nach der Bibel zu singen."4 Ich denke dagegen, dass gerade die Frage nach den Ikonen (Heiligenbilder, denen Verehrung entgegen gebracht wird) tatsächlich fundamental ist und nicht in den Bereich der Prägung und des Geschmacks gehört.
Als beispielhaft für seine orthodoxe Theologie möchte ich folgende Aussage über Dostojewskis Haltung zur Erbsünde herausgreifen: "Er kommt aus der orthodoxen Tradition, wo das Konzept der Erbsünde keine Rolle spielt. Für Dostojewski kommen Kinder unmittelbar aus der Schöpferhand Gottes. Sie sind nicht wie die Erwachsenen schon völlig mit dem Sündenvirus infiziert."5 Passt das zum biblischen Befund, dass der Mensch in Sünden empfangen wurde (Psalm 51,7) und dass sein Dichten und Trachten böse von Jugend an ist (1. Mose 8,21)?
Meine Kritik soll nun nicht die unbestreitbare handwerkliche Qualität dieser Biographie in Frage stellen. Auch leugne ich nicht, dass Dostojewski einer der größte Romanschriftsteller aller Zeiten ist. Aber ich fürchte, dass hier ein berühmter Mann christliche Orientierung geben soll, dessen Leben und Denken allzu oft bedenklich oder gar gefährlich war.
1 Siehe Benedikt Peters Kommentar zum Buch Prediger Seite 81.
2 Siehe insbesondere Kapitel 6 unter der Überschrift "Romantiker".
3 Seite 184.
4 Seite 466.
5 Seite 217.
13.12.21 22:34 | Henrik
Ist er zu tief, bist du zu flach
Einer der größten Literaten der Weltgeschichte feiert 2021 seinen 200. Geburtstag. Als Würdigung und als Wachmacher möchten Markus Spieker und David Bühne mit „Rock me, Dostojewski“ literarisch richtig auf den Putz hauen, denn Dostojewski rüttelt alle auf, durch seine Werke genauso wie durch seinen Werdegang.
Wer sind die Autoren?
Dr. Markus Spieker ist gelernter Historiker und langjähriger ARD-Korrespondent. Er arbeitet aktuell als Chefreporter beim Mitteldeutschen Rundfunk und hat zahlreiche Bücher verfasst, zuletzt den Bestseller „Jesus: Eine Weltgeschichte“. Dr. David Bühne ist Sportwissenschaftler und Literaturkenner. Beide vereint ihre Leidenschaft für Dostojewski und sein literarisches Wirken.
Worum geht es in dem Buch?
Jedweder Befürchtung, man erhalte eine weitere Biografie, kann von vornherein widersprochen werden. „Über ihn wurden mehr Biographien verfasst als über die allermeisten anderen Schriftsteller“. Deshalb ist das Buch auch keine „klassische Lebensgeschichte, sondern eher eine Lebensschule, besser noch: eine Weisheitsschule“.
Die insgesamt 20 Kapitel folgen zwar einer chronologischen Ordnung, doch haben sich die Autoren die Freiheit genommen, immer wieder in der Lebensgeschichte des Literaten hin und her zu springen. So nehmen sie den Leser mit in ihr Projekt, dass da heißt: Gemeinsam mit Dostojewski gilt es den Menschen zu enträtseln. Schließlich hatte dieser schon als 17-jähriger formuliert: „Der Mensch ist ein Geheimnis. Man muss es enträtseln“.
Wer sollte das Buch lesen?
Schon die Aufmachung verrät, dass man sich an ein jüngeres Publikum wendet. Dazu trägt auch der flotte Schreibstil bei, denn man kann die Lektüre schwer aus der Hand legen, da man einerseits von den privaten Notizen Dostojewskis, den zahlreichen Romanzitaten und den Aussagen der Zeitgenossen sowie andererseits von der Kommentierung der Verfasser gleichermaßen fasziniert und in den Bann gezogen wird. „Die stärkste Wirkung ist immer die unmittelbare. Aus diesem Grund kommt Dostojewski wo immer möglich im O-Ton zu Wort“.
Was macht das Buch besonders?
Ein Highlight ist, dass die Schreiber besonders auf den christlichen Glauben Dostojewskis eingehen. „Dostojewski appellierte im Gegenteil an seine Landsleute, sich in Liebe Gott und den Mitmenschen unterzuordnen“. Zuletzt sei erwähnt, dass der große Schriftsteller an Aktualität kaum zu überbieten ist. „Die allgemeine Moral ist so heruntergekommen, dass nihilistische Mädchen Kinder zur Welt bringen und sie dann töten“ oder „Man kann darüber staunen, dass Dostojewski die Verbrechen des Faschismus und Kommunismus ebenso ankündigt wie die Verführung durch einen prinzipienlosen Individualismus“. Es ist der Mix aus Zeitreise, O-Ton und schwungvoller Kommentierung, die das Lesen zum Abenteuer werden lässt. Nicht umsonst betonen die Autoren: „Wir laden alle Leserinnen und Leser ein, sich ebenfalls von [Dostojewski] rocken zu lassen“.
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